RZ - Revolutionäre Zelle

Die "Revolutionäre Zelle" (RZ, ab 1976 "Revolutionäre Zellen)" war eine von 1972/73 bis 1990 aktive, terroristische Organisation. Sie verstand sich als linksextremes militantes Netzwerk von autonomen Gruppen, die selbständig und unabhängig voneinander agieren sollten. Wie bei der "Bewegung 2. Juni" gab es keine klare Hierarchie; die RZ arbeitete aber enger mit internationalen linken Terrororganisationen zusammen und war in konspirativer Hinsicht sehr geschickt.

Nach einiger Zeit des Bestehens ergab sich eine Trennung in die "sozialrevolutionäre Gruppe" einerseits (in Deutschland aktiv; z.B. Anschläge auf Wirtschaftsunternehmen und Botschaften diktatorischer Länder wie Chile, aber auch auf Fahrkartenautomaten und Sexläden) und die "antiimperialistische Gruppe" andererseits (international aktiv, z.B. bei Entebbe-Entführung). Wichtige RZ-Mitglieder bis 1977 waren Wilfried Böse (Spitz- bzw. Deckname: Bonni, Boni, in Entebbe Mahmood), Brigitte Kuhlmann (in Entebbe: Halimeh), Johannes Weinrich (Steve), Gerd-Hinrich Schnepel (Max, Sharif), Hermann Feiling und Magdalena Kopp (Vera, ab 1973 mit Weinrich zusammen). (Siemens 307f.) Weiterhin ist Hans Joachim Klein zu nennen. Führend in der ersten Phase bis 1976 waren - trotz der egalitären Ausrichtung der Gruppe - Böse, Kuhlmann und Weinrich.

 

Charakteristik der Gruppe vor allem nach Siemens 307f., Klein 173, Schnepel

 

 Zum konspirativen Charakter der RZ gehörte es, dass ihre Mitglieder nach außen ein „normales“ Leben und „maßvolles“ Auftreten zeigen sollten, um von der Polizei möglichst nicht bemerkt zu werden. Mit der "RAF" und der "Bewegung 2. Juni" herrschte grundsätzlich Solidarität, und man unterstützte sich gegenseitig und arbeitete auch zusammen. Von der "RAF" wurden die RZler als "Feierabendterroristen" nicht ganz ernst genommen. Obwohl die Mitglieder "legal" blieben und nicht aus dem Untergrund agierten - und daher weniger gefährdet waren, von der Polizei verhaftet zu werden -, bereiteten sie sich dennoch professionell auf Terrorakte vor: Sie trainierten den Gebrauch von Codes und von Waffen (Übungen im Gelände), übten konspiratives Verhalten und das Aufdecken von Observationen durch die Polizei ein und fälschten Pässe. Jedes Mitglied wurde für ein Leben im Untergrund mit einem Depot ausgestattet (meist in einem Wald angelegt), in dem Waffen, Pässe und Geld enthalten waren. Man traf sich für Besprechungen in Wald und Feld, um nicht abgehört werden zu können.

 

Zwei zentrale Ziele der RZ kann man benennen: Zum einen sollten die RAF-Gefangenen befreit werden - daher erklärt sich immer wieder die Beteiligung an Geiselnahmen. Wilfried Böse hatte Ulrike Meinhof im Juni 1972 eine Wohngemeinschaft (WG) in Hannover als Unterschlupf vermittelt, in der sich die RAF-Terroristin nicht sicher fühlte. Brigitte Kuhlmann - in der betroffenen WG anwesend und vielleicht auch Mitbewohnerin -  empfahl Ulrike Meinhof  daraufhin als Ausweichquartier die Wohnung als Unterschlupf , in der Meinhof letztlich von der Polizei verhaftet wurde (Diese Informationen entstammen den polizeilichen Verhörprotokollen  von Gerhard Müller zu den Stammheim-Prozessen im Frühjahr und Sommer 1976. Müller war als RAF-Terrorist gemeinsam mit Meinhof verhaftet worden. Nach den Kopien des Hamburger Instituts für Sozialforschung, 1 BJs 7/76, S. 160f.) : Der Wohnungseigentümer hatte Kuhlmann Unterstützung zugesagt, dann aber Meinhof an die Polizei "verraten". Dieser Vorfall erklärt die besondere Motivation der RZ, zur Gefangenenbefreiung beizutragen.

Ganz allgemein unterstützte die RZ auch internationale linke Terrororganisationen und arbeitete mit diesen eng zusammen - ganz besonders mit der PFLP-SC (Haddad), aber auch mit der baskischen ETA, der Japanischen Roten Armee oder den Roten Brigaden (Italien): Man half sich gegenseitig, versteckte und besorgte Waffen oder spähte Aktionsziele aus. Als gemeinsame Leitlinie sah man den Kampf gegen den Imperialismus und gegen Unterdrückung sowie den bewaffneten Einsatz für mehr Freiheit und Gerechtigkeit im kommunistischen Sinn.

Programm und Selbstdeutung der Gruppe kann man sowohl aus der Zeitschrift „Revolutionärer Zorn“ (im Internet abrufbar) herauslesen als auch im Buch "Holger, der Kampf geht weiter!" erkennen.

Nach Entebbe fand wegen des Todes der beiden Führungsmitglieder Böse und Kuhlmann die internationale Tätigkeit der RZ ein Ende. Während sich Hans-Joachim Klein vom Terrorismus distanzierte, schlossen sich andere wie Weinrich und Kopp eng mit Carlos zusammen, der seinerseits die PFLP-SC verlassen hatte und nun eine eigene Terrorgruppe gründete und anführte. Weder diese Carlos-Gruppe noch die weitere Entwicklung der "Revolutionären Zellen" in Deutschland sollen hier näher beschrieben werden.